Matassa

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Matassa

Die Matassa ist ein kleines Flüsschen, das sich hinab von den Bergen durch die Pyrénées Orientales schlängelt. Vom Unterholz verdeckt, verläuft die Matassa in Le Vivier unter einem zerfallenen Brückenbogen zur Moulin de Matassa. Im katalanischem Dialekt bedeutet Matassa Unterholz oder Dickicht, italienisch heisst es Garnbund oder Strähne und «trovare il bandolo della matassa» übersetzt sich mit «des Rätsels Lösung finden». Oberhalb der Mühle, inmitten dieses verwunschenen Dickichts aus wilder, intakter Natur liegt ein kleiner Weingarten, lediglich ein paar Aren gross. Der kleine Flecken Kulturland mit seinen über 120-jährigen Carignan-Rebstöcken bildet einen Kontrast zur Umgebung aus Wald und Weiden, und doch fügt sich der Weingarten so selbstverständlich in die Landschaft ein. Mit dieser Parzelle startete Tom Lubbe vor 16 Jahren sein Projekt Matassa. Trotz allem Erfolg hält das kleine, artisanale landwirtschaftliche Projekt an seinen Grundsätzen fest und hat sich seine Unabhängigkeit und Bescheidenheit bewahrt. Im Kontrast zur sehr überschaubaren Grösse und der lokalen Verbundenheit geht eine faszinierende, globale Kraft von diesem Projekt aus. Weltumspannend inspirieren die Weine von Matassa heute offene Geister, und viele junge Winzer, die mehr oder weniger lange mit Tom Lubbe gearbeitet haben, betreiben heute ihre eigenen, erfolgreichen Weinbauprojekte nach denselben Grundsätzen: In Südafrika sind es Jurgen Gouws von Intellego und Graig Hawkins von Testalonga, im Burgenland Steffi Renner von den Rennersistas, im Priorat Dominique Huber mit seinem Projekt Terroir al Limit, Daniel Niepoort aus der berühmten portugiesischen Dynastie in der Mosel, Matthias Warnung im Kamptal, Martin Wörner in der Pfalz und Sato in Neuseeland – um nur einige zu nennen.

Bereits vor rund 100 Jahren prophezeite der deutsche Zoologe David Geyer, dass die zunehmende Entfremdung der Gesellschaft von der Landwirtschaft zum Tod der Zivilisation führe. Heute, in einer Zeit, in der Politik immer unanständiger wird und die Ohnmacht der eigenen Bedeutungslosigkeit in der globalen Welt zeitweise erdrückend wirkt, erscheint ein Projekt wie Matassa wie ein Lichtblick, eine Art Wende hin zum Guten. Bei Tom Lubbe und vielen anderen relevanten Winzern, aber auch bei der Arbeit von Cultivino ist die isolierte Betrachtung der Ästhetik und Form von Wein längst zum Nebenschauplatz geworden. Der eigentliche Fokus und Antrieb liegt auf einer übergeordneten Ebene. Er ist gerichtet auf eine Landwirtschaft, die Perspektiven öffnet für Menschen und Natur, die Leben kreiert und erhält, die Basis ist für Vitalität. Aus dieser Landwirtschaft stammen unter anderem jene Trauben, aus denen inspirierender Wein entsteht. Selbstverständlicher, bekömmlicher Wein, der auf leisen Sohlen unaufhaltsam seine subversive Kraft entfaltet.