Matassa

Episode

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Severin Aegerter

Es dürfte im späten Sommer 2004 gewesen sein. Die Reise sollte eigentlich von einem kleinen Dorf südlich von Toulouse an die Steilküste vor Collioure und Banyuls führen. Auf Nebenstrassen gelangten wir in die Pyrénées Orientales, wo sich zu den Bergen hin schroffe Kalkwände erhoben und an deren Fuss sich die Weingärten hinzogen. In Saint Paul schnitt sich eine gewaltige Kluft in das Felsmassiv. Fasziniert durch diese Landschaft verliessen wir die angedachte Route und schlängelten uns zwischen den Felsen hinauf nach Saint Martin. Bewaldete Berghänge gegen die Pyrenäen hin, ein Flüsschen, das sich durch die Landschaft windet und immer wieder diese kleinen Weingärten mit alten Buschreben, von Weiden und Wald umgeben. Angezogen von der Schönheit der Landschaft, aber wohl insgeheim auch erleichtert vom Trubel der Küste verschont zu bleiben, bezogen wir in Fosse ein altes Steinhaus. Meine allmorgendliche Runde führte mich nun von Fosse nach Le Vivier. Der alte Carignan-Weinberg ist mir dabei sofort aufgefallen, die malerische Mühle entdeckte ich erst später im Dickicht. Ein magischer Ort, und ich versuchte mir jeweils auszumalen, wie der Wein von diesem Weingarten wohl schmecken würde. Ich beschloss damals, diesen Ort für mich als Winzer auszuwählen, in der Gewissheit, dass ich nie Winzer werden würde.

Kurze Zeit später lernte ich Dominique Huber kennen. Er präsentierte in Verona sein junges Projekt Terroir al Limit und berichtete mir von Tom Lubbe und seinem Matassa-Projekt in den Pyrénées Orientales – begeistert und offensichtlich fasziniert. Roland Velich, auch er machte die Bekanntschaft mit Tom, bestärkte mich mit seinem Bericht, wenige Tage später den Nachtzug nach Barcelona zu besteigen, um anderntags um sechs Uhr in der Früh in Perpignan von Tom Lubbe erwartet zu werden. Damals lagen die meisten seiner Parzellen mit alten Buschreben bereits rund um Calce. In einem alten, hellblauen Kastenwagen fuhren wir jedoch erstmals in die Berge. Dort bearbeitete Tom nach wie vor eine alte Carignan-Rebparzelle aus dem er den Matassa Rouge kelterte. Wir fuhren nach Saint Paul, zweigten ab durch die Schlucht, fuhren hinauf nach Saint Martin, und ich weiss noch, wie ich Tom etwas zurief wie: «das kenne ich!» oder «hier war ich!», als wir kurz darauf vor der Moulin de Matassa den Wagen stehen liessen, um uns gemeinsam in den alten Carignan-Weingarten zu begeben.