CATALUNYA !

CATALUNYA !

CATALUNYA !

Überall im Weinbau ist eine Gegenbewegung zur Technisierung und Effizienzsteigerung im Anbau und in der Produktion zu beobachten. Kleinstrukturierte Betriebe fokussieren ausschliesslich auf qualitative Aspekte in ihren Erzeugnissen. Erkenntnisse und Errungenschaften teilweise uralter, kulturprägender Landwirtschaft rücken wieder in den Fokus und prägen zusammen mit den Reflexionen des Zeitgeists spannende Weinbauprojekte. Mit den heutigen Mitteln der Vernetzung und der Logistik können selbst kleinste Weinbauprojekte vereinzelt eine beeindruckende Ausstrahlung und Reichweite erlangen. In Katalonien gehören Oriol Artigas und Toni Carbó, letzterer mit seinem Weingut La Salada, zu den treibenden Kräften einer an Bedeutung gewinnenden Winzergemeinde. Oriol mit seinen alten Pansa Blanca Mikro-Weingärten in den unwegsamen Granitzügen des Alella oberhalb Barcelonas agiert als eigentliches Relais unter den artisanalen Winzern Kataloniens. In seiner unermüdlichen Reisetätigkeit bringt er nicht nur seine eigenen Projekte voran, vielmehr befindet er sich auf einer konstanten Mission im Zeichen des lebendigen Weins und agiert geleichzeitig als Quelle der Inspiration und als Anlaufstelle für seine Winzerkollegen. Als Gegenpol fungiert sein engster Freund und in seiner Winzerkompetenz hochgeschätzte Kollege Toni Carbó, der mit grosser Hingabe das landwirtschaftliche Erbe seiner Vorfahren im Penèdes kultiviert und weiterentwickelt. Den über Generationen erschaffenen Werten, gebunden im Kulturland, widmet Toni in aller Demut seine ganze Hingabe. Im Gegensatz zu Oriol verlässt Toni seine Scholle äusserst selten, und hinsichtlich Kommunikation und Vernetzung vertraut Toni ganz auf die Strahlkraft und Energie seiner Weine, die in ihrem weitverzweigten Netzt beharrlich ihre Wirkung entfalten.

Die totale Misere in seiner Winzerlaufbahn erlebte Oriol im Sommer 2020. Eine in der Region Alella bisher nie dagewesene Mehltauattacke vernichtete in kürzester Zeit fast 90% der gesamten Traubenerträge. Anstatt in Schockstarre zu verfallen kontaktierte Oriol den befreundeten Winzer David Pujol Cargol in Empordà und erhielt dessen Zusage, die Trauben aus einem seiner Weingärten mit altem Rebbestand selbständig ernten und verarbeiten zu dürfen. Weitere nahestehende Winzer meldeten sich bei Oriol und boten ihm hilfsbereit ihre Trauben an. In kürzester Zeit entwickelte Oriol sein «SOS-Projekt». Elf Weinbaubetriebe verteilt über ganz Katalonien involvierte er in das Projekt und definierte mit ihnen im Vorfeld der Ernte die Weingärten, die er selbständig ernten und deren Traubengut Oriol in seinem Keller zu Hause im Alella zu eigenständigen und in dieser Auflage einmaligen Weinen keltern würde. Anders als bei gängigen Negociant-Projekten involvierte Oriol sämtliche Traubenproduzenten in die Konzeption der Weine und gewährte ihnen auf den entsprechenden Etiketten die gebührende Präsenz in Form eines illustrierten Portraits. Zudem bemühte sich Oriol, den verschiedenen Kulturen und unterschiedlichen Auffassungen von Ästhetik im Wein gerecht zu werden und trotzdem seine eigene Interpretation und Handschrift als verarbeitender Winzer einzubringen. Es folgte eine logistische Meisterleistung: Tagelang düste Oriol während der dreiwöchigen Ernte mit seinem Pick-Up kreuz und quer durch ganz Katalonien: Die zweistündige Anreise ins Empordà mit der anschliessenden Traubenernte – Rückreise - Traubenverarbeitung und anschliessend Vinifikation im heimischen Keller in Allella - es folgt die nächtliche Überfahrt auf der Fähre nach Mallorca verbunden mit wenigen Stunden Schlaf auf den Sitzen des Pick-Ups - Ernte auf der Insel mit seinen Freunden von Vi de Peus und Soca Rel - Rückfahrt mit der Fähre um nach der Vinifikation abends im Alella weiter ins Hinterland von Tarragona zu fahren, wo er mit seinem Freund Albert von Tuets die nächste Ernte vorbereitet… Dies ein Auszug aus dem energetischen Husarenritt, und trotz allen Strapazen behielt Oriol die Übersicht und Konzentration und schuf elf SOS-Weine, die ihren jeweiligen Orten und Weinbauern auch in ihrer Eigenständigkeit gerecht wurden und allen Beteiligten den erwünschten Respekt erweisen. Nicht nur den Winzern bescherte das SOS-Projekt spannende Impulse und initiierte oder festigte Freundschaften, das Projekt richtet auch in den internationalen Märkten die Lupe auf eine äusserst spannende Nische des Katalonischen Weinbaus.

Die SOS-Edition 1 gebührte den Xarello-Trauben von Toni Carbó, der 40 Kilometer westlich von Barcelona rund 20 Hektar Reben rund um das Dörfchen Parellada in der vierten Generation bewirtschaftet. Sein Grossvater arbeite im Haus «La Salada» und stellte von hier die Weichen für den heutigen Betrieb, indem er als hart arbeitender Lohnwinzer nach und nach Parzellen aufkaufte, die damals als minderwertig eingeschätzt wurden. Vornehmlich erstand er schattige Lagen entlang des Flusses oder besonders karge Kalksteinlagen, darunter die heutige Kultlage La Buffarella mit dem uralten Xarello-Bestand. Nicht wenige der Weingärten von La Salada sind heute über 80 Jahre alt und werden von einheimischen Varietäten wie Macabeu, Xarello, Sumoll oder Malvasia de Sitges dominiert. Toni hegt und pflegt die Reben mit kompromissloser Sorgfalt und Umsicht, seit jeher gänzlich ohne Einsatz von Chemikalien. Besonders in den älteren Weinbergen kultiviert Toni zwischen den Reben verschiedene Getreidesorten und versorgt so die Böden mit dem erforderlichen Stickstoff. Unter den Winzern geniesst Toni uneingeschränkten Respekt. Nebst seinen Weinen bewundert man seinen kompromisslosen Bruch mit der ansässigen Cava-Industrie und seine Vorreiterrolle als selbstkelternder Winzer. Dass sich hinter der imposanten Erscheinung ein äusserst sensibler Kern verbirgt, wurde spätestens dann augenscheinlich, als der stille Hüne inmitten der alten Reben von La Buffarella und den Erzählungen gemeinsamer Erlebnisse mit seinem Grossvater von seinen Emotionen übermannt wurde. Etliche Importeure und Winzer teilen die Einschätzung, dass die La Salada Cuvées aus den alten Reben mitunter zu den spannendsten Weinen des mediterranen Raums gehören.